Behandlung von Angst- und Panikstörungen
Tatsache ist: nur selten verschwinden die Symptome von alleine
Die Behandlung von Angststörungen braucht viel Geduld!
In den vorangegangenen Beiträgen konntest Du viel über die vielschichtigen Gründe und Facetten von Angst- und Panikstörungen erfahren. Doch wie wird man sie wieder los?
Angst- und Panikstörungen sind in der Regel gut mit Psychotherapie, Medikamenten oder noch besser mit einer Kombination aus beiden zu behandeln. Zur Unterstützung der Therapie werden häufig auch Entspannungstechniken eingesetzt, etwa Autogenes Training oder Progressive Muskelentspannung nach Jacobson.1, 2, 3
Was Du selbst tun kannst1
- Die wichtigste Regel ist: Stelle Dich den angstauslösenden Situationen und vermeide sie nicht. Das heißt zum Beispiel: Fahre mit dem Fahrstuhl, auch wenn Du Angst davor hast.
- Es hilft, wenn Du Dir klarmachst, dass Angstanzeichen wie Herzrasen oder Schwindel keine Vorboten einer Ohnmacht oder eines Herzinfarkts sind.
- Es ist schwer, sich der angstauslösenden Situation zu stellen, die man jahrelang gemieden hat. Doch je öfter Du es schaffst, desto eher kannst Du Ängste abbauen. Auch kleine Schritte sind Erfolge!
- Zögere auch nicht, Dich an Deine Hausarztpraxis oder gleich an eine Praxis für Psychotherapie zu wenden. Dort kannst Du einen Termin für eine sogenannte „Sprechstunde“ vereinbaren. Eine Überweisung benötigst Du dafür nicht. Trau Dich, diesen Schritt zu tun. Niemand sucht sich seine Krankheit aus. Eine seelische Erkrankung ist ebenso wie eine körperliche keine Frage von Schuld: Niemand würde sich schämen, wegen Rückenschmerzen zum Arzt zu gehen.
- Stelle Dich darauf ein, dass die Behandlung einer Angststörung Zeit braucht.
- Mit Unterstützung lassen sich Krisen leichter überwinden. Nimm Gesprächs- und Unterstützungsangebote an. In Selbsthilfegruppen kannst Du Erfahrungen mit anderen Betroffenen austauschen.1
Psychotherapie
Die kognitive Verhaltenstherapie steht hier an erster Stelle. Es geht darum, dass der Patient sein derzeitiges Verhalten und seine Einstellungen untersucht, die Gründe dafür erkennen lernt („kognitiv“) und Möglichkeiten erfährt, seine Verhaltensweise zu verändern. Es geht also darum, den Patienten zur Selbsthilfe in der Gegenwart anzuleiten.4
Bei der Konfrontationstherapie, die oft Teil einer Verhaltenstherapie ist, muss sich ein Patient dann den angstbesetzten Situationen in der Vorstellung, später auch in der Realität stellen und dabei in jeder Situation so lange verbleiben, bis die Angst ganz oder weitgehend zurückgegangen ist.9
Die Psychodynamische Richtung geht davon aus, dass ungelöste Konflikte (vor allem aus der Vergangenheit) für die gegenwärtigen Ängste verantwortlich sind. In der Therapie werden deshalb aktuelle und auch zurückliegende Konflikte aus der Kindheit bearbeitet. Die ambulante Behandlung erstreckt sich häufig über mehrere Jahre.2
Zusätzlich können Computer, Tablet und Smartphone genutzt werden – etwa indem man seine Gefühle in einem digitalen Tagebuch festhält. Möglich ist auch, eine virtuelle Anleitung für Entspannungsübungen zu Hause und zu einer Zeit abzurufen, in der sie am besten in den Alltag passen.8 Es gibt außerdem Online-Kurse (sogar auf Rezept) oder auch alternative Verfahren wie die Hypnose-Therapie.
Medikamentöse Behandlung
Dabei ist zu beachten, dass die Angst nach dem Absetzen der Medikamente meist schnell wieder zurückkehrt, wenn nicht gleichzeitig eine Psychotherapie stattfindet. Denn nur in der Therapie lernst Du, wie Du mit der Angst anders umgehen kannst. Deshalb werden Medikamente meist in Ergänzung zu einer Psychotherapie verschrieben.5
Zum Einsatz kommen Medikamente, die auch gegen Depressionen verschrieben werden, vor allem sogenannte selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) und Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI). Ein weiteres Medikament, das bei der generalisierten Angststörung eingesetzt wird, ist Pregabalin, ein Arzneistoff aus der Gruppe der Antikonvulsiva (Antiepileptika). Andere wirksame Medikamente sind beispielsweise sogenannte trizyklische Antidepressiva wie Amitriptylin oder Trimipramin; typische Angstlöser sind auch Moclobemid, Opipramol oder Buspiron.
Die bei Angststörungen gut wirksamen Benzodiazepine (ein typisches Benzodiazepin ist Diazepam / Valium) haben ein großes Abhängigkeitsrisiko. Sie sollten daher nur vorübergehend bei starker Angst im Ausnahmefall verwendet werden.
Eine medikamentöse Therapie sollte nach Eintritt der Besserung noch mindestens über sechs bis zwölf Monate weitergeführt werden.3
Traditionell gelten pflanzliche Wirkstoffe wie Johanniskraut, Baldrian, Lavendel, Kamille oder Passionsblume als beruhigend und somit angstlösend, ihre Wirksamkeit ist allerdings den oben genannten Medikamenten, vor allem bei schweren Angst- und Panikstörungen, unterlegen.6
Bei allen Medikamenten können Nebenwirkungen auftreten, die meist in den ersten Wochen der Einnahme am stärksten sind und danach allmählich wieder zurückgehen. Die häufigsten Nebenwirkungen bei SSRI und SNRI sind Magen-Darm-Beschwerden wie Übelkeit, Durchfall, Appetitlosigkeit und Erbrechen. Weiterhin können auch Schlafstörungen und sexuelle Funktionsstörungen auftreten. Bei SNRI kann es zu Beginn der Einnahme zu Kopfschmerzen, einem beschleunigten Herzschlag und zum Teil zu Unruhe kommen. Allerdings sind die Nebenwirkungen bei SSRI und SNRI meist deutlich geringer als bei trizyklischen Antidepressiva. Dabei kann es neben den bisher genannten Nebenwirkungen auch zu Mundtrockenheit, Verstopfung, Veränderungen des Herzschlags, Schwindel, Müdigkeit und auch Gewichtszunahme kommen.5
Bei Johanniskraut ist vor allem eine Sensibilisierung gegen UV-Licht zu beachten, so dass Du leicht einen Sonnenbrand entwickeln kannst, sogar wenn gar keine Sonne scheint. Außerdem nimmt Johanniskraut Einfluss auf die Verstoffwechslung anderer Medikamente und kann je nach Präparat dessen Wirksamkeit verstärken oder abschwächen. Es empfiehlt sich dringend, in den jeweiligen Beipackzetteln das Kapitel „Wechselwirkungen“ aufmerksam zu lesen.7
Und: Melde bitte Deine Nebenwirkungen!
Unser Meldeservice bietet Dir hierfür die einfache und schnelle Möglichkeit, Nebenwirkungen zu melden, ohne dabei Deine Identität preiszugeben.
Mit jeder Meldung trägst Du aktiv zur Verbesserung der Arzneimittelsicherheit bei, indem eine bessere Informationsbasis für die zukünftige Verordnung von Arzneimitteln geschaffen wird.
Eine unbehandelte Angststörung kann sich immer mehr verselbstständigen. Es kommt zur„ Angst vor der Angst” (Erwartungsangst) und zum sozialen Rückzug.3